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Bildentwurf und System – Bedeutung von System und Systematik im Werk von Zdeněk Sýkora

Die Bilder von Zdeněk Sýkora haben in der Rezeption stets eine Barriere zu überwinden. Da sie sich einer Kombination von Systematik und Zufall verdanken, scheinen sie dem Betrachter den Nachvollzug und die Entschlüsselung dieser Systematik abzuverlangen. Auch die zahlreichen Interpretationsversuche (eigene des Autors nicht ausgescholossen) befassen sich immer wieder vorrangig mit den Bildsystemen und der Methodik ihrer Herstellung. Natürlich ist dies kein Phänomen, das man auf Sýkora allein beziehen kann, es führt uns in das Zentrum der Wirkungsästhetik der systematisch-konstruktiven Kunst, wie sie etwa in der Mitte der 60er Jahre vor allem in Mitteleuropa, diesseits und jenseits der Ost-West-Trennlinie, sich etablierte.

Diese Kunst postulierte die „Nachvollziehbarkeit“ ihrer Syntax und verlangte dem Betrachter damit die Anstrengung ab, den „Kunstgenuß“ nicht allein in der subjektiv-emotionalen Sphäre der Subjekt-Objekt-Beziehung anzusiedeln, sondern ihm einen objektiven Charakter zu geben. Für das Kunstwerk selber mußte dies weitreichende Folgen haben. Es war fortan einer Mehrzahl von Betrachtern in gleicher Weise verfügbar, da es nach objektiven Kriterien gleichsam „nachgeschaffen“ werden konnte. Die Gesetzmäßigkeit einer sich selber als „exakt“ definierenden Ästhetik trug die Gefahr in sich, daß die Herstellung eines Kunstwerkes letztendlich zum Nachvollzug einer Handlungsweisung denaturiert werden würde.

Eine weitere Dimension erhielt diese Ästhetik durch den Einsatz von Computern. Ein rational aufgebautes und nachvollziehbares System zur Bildherstellung müßte sich in ein Computerprogramm umsetzen und damit vom Menschen unabhängig realisieren lassen – so jedenfalls eine Vorstellung innerhalb des Diskurses über „exakte Ästhetik“.

Es ist auch einsehbar, daß zunächst mit relativ einfachen Systemen experimentiert wurde, vorwiegend Teilungsprogrammen geometrischer Grundfiguren sowie Verteilungsprogrammen innerhalb eines vorgegeben Rasters. Es ist nicht verwunderlich, daß die Etablierung einer „Wirkungs-„ oder „Rezeptionsästhetik“ in dieselbe Zeit fiel. Es wurde nämlich schnell deutlich, daß das Kunstwerk als solches in der totalen Erklärbarkeit der Systeme immer mehr an Eigengewicht verlor.

texty_o_zs/1995 Riese/_V3N9468.jpgDie Krise der exakten Ästhetik der 60er Jahre ist eine Krise der „konstruktiv-systematischen“ Kunst, die auf ihr aufbaut und sich in eine immer stärkere Theorieabhängigkeit begeben hat, aus der sie erst heute, zum Teil über den Umweg der Konzeptkunst, auszubrechen versucht. Dabei ist evident, daß in dieser Debatte sowohl die Begriffe „System“ und „Methode“ durcheinandergeworfen werden als auch der Anteil rationaler Planung bei der Herstellung eines Kunstwerkes als ästhetisch autonomer Anteil aufgewertet worden ist.

Zdeněk Sýkora beantwortete bereits Ende der 60er Jahre meine Frage an eine Reihe von konstruktiv-systematisch arbeitenden Künstlern nach ihrer Definition von „System“ und „Methode“ mit einer interessanten, den späteren Zielkonflikt bereits vorwegnehmenden Differenzierung. Zur Definition des Begriffs Methode sagte er, „ sie (die Methode) hat für mich die Bedeutung ausgesprochener Arbeitsprozesse“ (Programmierung, Einsatz von Computern, Resultattransformation). Es ist evident, daß Sýkora hätte er nicht die Begriffe „Programmierung“ und „Computer“ explizit erwähnt, auch als konventionell arbeitender Künstler, sagen wir des 19. Jahrhunderts, exakt so hätte antworten können. Er reduziert die modernen Hilfsmittel im Herstellungsprozeß eines Kunstwerkes praktisch auf das Handwerkliche, weist ihnen also im Rahmen der Ästhetik keinen anderen Platz zu, als dies auch in anderen ästhetischen Zusammenhängen Künstler immer getan haben. So ist es denn auch in diesem Rahmen vollkommen logisch, daß Sýkora als „System“ die „Begründung der Benutzung einer bestimmten Methode“ definiert. „System“ wird so zur deutlich übergeordneten Kategorie erhoben, da dieser Begriff den Gesamtzusammenhang zwischen dem Künstler, seinem Werk und dem Betrachter konstituiert: Grundsätzlich ist dieser Begriff des Systems offen, in ihn gehen nicht nur rationale Aspekte ein, sondern auch existentielle und emotionale.

In einem anderen Zusammenhang hat Sýkora einmal einen sehr interessanten Hinweis auf die innere Bezüglichkeit in diesem Verhältnis gegeben: „Ich bin ein Bestandteil meiner Kunstwerke, nicht aber deren bestimmende Kraft.“ Dieser Satz ist gleichermaßen eine gewisse Absage an das Grundaxiom der „exakten Ästhetik“, demzufolge ein Kunstwerk aufgrund seiner rationalen Systematik „entschlüsselt“ und damit ästhetisch „aufgelöst“ werden kann, als auch an die klassische Ästhetik, in der der Künstler sein Werk aus sich heraus „schöpft“, also in seinem Zentrum als allein bestimmende Kraft steht.

In diesem Zusammenhang ist es notwendig, auch auf das „Parallelwerk“ von Zdeněk Sýkora mit einigen Bemerkungen einzugehen, weil es immer wieder zu Irritationen und Mißinterpretationen in Bezug auf das Hauptwerk Anlaß geboten hat. Es kann nicht betrachtet und interpretiert werden, ohne daß man sich der Tatsache bewußt wird, daß Zdeněk Sýkora praktisch sein gesamtes Künsterleben als Lehrer zugebracht hat. In dieser Tätigkeit hat er sich stets bemüht, seinen Schülern gleichsam die klassischen Inhalte der Malerei nahezubringen, sie also mit den historischen und handwerklichen Voraussetzungen ihres Tuns vertraut zu machen. Diese Dualität wird nicht ohne Grund gewählt, ist Sýkora doch ein darin außerordentlich konventioneller Künstler insofern, als er Modernität oder ästhetische Progressivität nicht als etwas Losgelöstes von den Grundlagen der Kunst- und Kulturentwicklung sehen mag, sondern als das Ergebnis eines sowohl intellektuellen Reflexionsprozesses als auch der Weiterentwicklung der Methoden der Malerei.

Bei einem Besuch in Louny zeigte mir Sýkora vor nicht allzulanger Zeit eine Reihe von im Sinne der Kunstgeschichte abstrakten Bildern (im Gegensatz dazu bezeichne ich seine Hauptwerke als „konkret“ im Sinne der Definition von Max Bill) und bemerkte dazu: „Schade, aber diese Probleme hat die Malerei bereits abschließend gelöst, da kann man nicht mehr weitermachen.“ Diese aufschlußreiche Bemerkung zeigt zweierlei: einmal, daß Sýkora die Prozeßhaftigkeit von Malerei als einen geschichtlichen Prozeß sieht, der sich in Stufen vollzieht. Grundsätzlich sind die auf den einzelnen Stufen erreichten und erreichbaren Ergebnisse gleichwertig – weshalb sich ein Künstler auch gleichzeitig mit mehreren Stufen beschäftigen kann –, in der geschichtlichen Wertigkeit indessen kann sich ein Künstler immer nur auf der letzten Bewußtseinsebene bewähren. „Modern“ in diesem Sinne würde dann bedeuten, daß ein Kunstwerk angesichts der Methode und des Systems, denen es sich verdankt, nicht hinter die historischen Möglichkeiten seiner Zeit zurückfallen kann.

Zdeněk Sýkora ist in diesem Sinne ein moderner Künstler, weil seine Reflexionsfähigkeit sowohl die Dimensionen der Rationalen als Ausdruck unserer Zeit als auch des Emotional-Individuellen als Ausdruck eines die historischen Stufen überspannenden Kontinuums in einem Kunstwerk aufzuheben in der Lage ist. Oder in seiner eigenen Sprache ausgedrückt: „Je mehr ich mir wünsche, daß meine Bilder nur das sein mögen, was sie sind, um so mehr sind sie alles.“ Dieses Zitat ist ein deutlicher Hinweis darauf, daß Sýkora durchaus konventionell daran festhält, daß das Kunstwerk einen universellen Charakter hat, daß es unabhängig von System und Metrhode, denen es sich verdankt, einen ästhetischen Stellenwert erlangt und daraus folgend ein Eigenleben entfaltet, in dem sehr viel mehr eingeschlossen ist, als rational erklärbar bleibt. Hier wird klar, daß Sýkora nicht auf die Erklärungsmuster der exakten Ästhetik reduziert werden kann, daß seine Bilder mehr mit der historischen Kontinuität von Kunst insgesamt zu tun haben als mit dem, was sie in der unmittelbaren Zeitgenossenschaft ausmachen.

texty_o_zs/1995 Riese/_V3N9497.jpgSýkora spricht deshalb neuerdings selbst mehr von einem „Prozeß“ und verwendet damit einen einerseits relativ unpräzisen Begriff, weist andererseits aber auf einen Bewegungsvektor hin, der auch seinen Arbeiten (hier ist ausschließlich von den Linienbildern die Rede) eingeschrieben ist. „Ich denke, daß ich in meiner Malerei zum stärksten Ausdruck dadurch gelangt bin, daß sich die durchaus gelenkte Linienkonstruktion in ihrem Charakter und in den räumlichen Beziehungen untereinander verwandelt, und zwar durch den Zufall. Alles, was ich denke, empfinde, erlebe, ist unmittelbar diesem Prozeß einbeschlossen. Das Bild reflektiert als Ereignis diesen Prozeß.“

Setzt man diese Bemerkung Sýkoras mit dem früheren Zitat in Beziehung, er sei nicht die „bestimmende Kraft“ in seinen Bildern, so nähert man sich dem Kern seines Denkens, aus dem heraus seine Kunst erklärbar wird. Sýkora glaubt nicht an eine Rationalität, die den Prozeß der Kunst (und des Lebens) erklärbar macht. Insofern kann in seiner Kunst auch kein „Gesetz“ walten, von dem aus der eben zitierte „Prozeß“ aufgerollt, erklärt werden könnte. Wenn man an dieser Stelle nach der „Bildvorstellung“ des Malers Sýkora fragt und sie in Beziehung zu setzen versucht zu einer gewissen Systematik – also dem Erklärungsmuster des Einsatzes der Bildmittel, der Methode –, so wird man vor allem auf den Begriff der Komplexität verwiesen. Komplexität ist für Sýkora augenscheinlich ein Synonym für Leben schlechthin: „Ich habe in meinem langen Malerleben den Zufall als Prinzip auch des Gelingens der Existenz selbst erfahren…“ Bei der üblichen Einordnung dieses Malers in den Zusammenhang der „konstruktiv-systematischen“ Kunst ergibt sich ein Paradoxon: Sýkora definiert für sein Leben und seine Kunst geradezu ein Prinzip, das sich exakt nicht fassen läßt – er führt damit die Dialektik als eigentliches Wesensmerkmal seiner Kunst ein. Nun weiß aber selbstverständlich die moderne Informatik, daß der Zufall eine mathematische Kategorie ist, die systematisiert werden kann. Weiter indessen geht Sýkoras Ansatz nicht: Er begreift den Einsatz von Computern in seiner Malerei nicht anders als Michelangelo den Einsatz eines Zirkels! Die Bildvorstellungen, die Sýkoras Kunst zugrunde liegen, verdanken sich der Gesamtheit der visuellen Wahrnehmung, der emotionalen Befindlichkeit und der rationalen Reflexion. Ihre Systematisierung ist indessen kein Prozeß der Einschränkung, der Reduktion auf ein vollkommen konditioniertes System, sondern im Gegenteil die Einsicht des Künstlers in die Zufälligkeit des Gelingens oder die Komplexität einer jeden Synthese.

Auch hier erweist sich Sýkora wieder als ein Künstler, der sich in seinem Grundverhältnis zu den Bedingungen seiner Kunst nicht sonderlich unterscheidet von Vorstellungen, die wir vielleicht vorschnell und fälschlich als „traditionell“ abzuqualifizieren bereit sind. „…und so habe ich das sichere und bestimmende Gefühl, daß im Prozeß des Machens bis zur endlichen visuellen Wahrnehmung des Bildes das unwägbare Prinzip des Zufalls mich geradezu der Möglichkeit eines Überschreitens der bildnerischen Aussage näherbringt.“

texty_o_zs/1995 Riese/_V3N9557.jpgIn Gesprächen mit Zdeněk Sýkora kommt man diesem Prozeß auf die Spur. So berichtet er durchaus ungern über die rein mathematische Methodik, mit der die „Partitur“ eines Bildes entsteht. Verständlich ist dies im Zusammenhang der Gesamtbedeutung der Herstellungsprozesses, in dem die Festlegung der Konditionen durch den Zufallsgenerator nur ein eher mechanisches Element darstellt. Die Bildvorstellung – wenn man den komplexen Vorgang der Auswahl einer bestimmten Konditionierung der Parameter des Bildes einmal so nennen darf – liegt in der Entscheidung vorher, ist also die autonome künstlerische Leistung des Malers. Auch nur so ist zu erklären, daß die Komplexität des Werkes im Laufe der Jahre immer stärker zugenommen hat. Sýkora selbst berichtet gern von solchen Grenzüberschreitungen, die sich aus dem Bruch bestimmter Regeln ergeben haben – übrigens meist Überschreitungen, die sich äußerlichen Anlässen oder visuellen Anstößen verdanken. Außen- und Innenwelt bleiben bei diesem Maler nie voneinander getrennt, sondern werden in dem Prozeß der Reflexion der Mittel der Malerei immer wieder auf ihre Bezüglichkeit zueinander getestet.

Aber es gibt noch einen wichtigen Bereich, der individuelles Kunstwollen und konditionierten Zufall in ein unmittelbares Spannungsverhältnis zueinander bringt. Das ist der unmittelbare Prozeß der Herstellung des Bildes im Atelier nach der „Partitur“. Sýkora selbst verneint die Frage, ob er in diesem Prozeß greift, wenn das visuelle Ergebnis seinen Vorstellungen nicht entspricht. Aber im weiteren Verlauf der Reflexion dieser Frage erhält das Element der Beziehung zwischen Partitur, Maler und visuellem Ergebnis eine interessante Präzisierung. Es gibt einem ganz wichtigen „Freiraum“, der zwar ebenfalls konditioniert ist aber doch eine gewisse „Stimmungsoffenheit“ aufweist: die Farbe. Zwar hat Sýkora die Palette auf 36 Farben reduziert, und es unterliegt die Auswahl der Farben ebenso dem Zufallsprinzip wie die der Dicke und der Richtung der Linien, aber die Abmischung der Farben im unmittelbaren Prozeß des Malens bleibt eine individuelle und letztendlich begrenzt subjektive Angelegenheit des Künstlers. Bilder erhalten so einen bestimmenden Charakter, eine Stimmung, eine Individualität.

Betrachtet man die Bilder Sýkoras im Zusammenhang, so wird man nicht leugnen können, daß es ihre Komplexität und die Variationsbreite der Bildvorstellungen ist, die mehr beeindruckt als die ja auch möglichen rationalen Erklärungs- und Deutungsmuster. Diese aber sind nichts anderes als die Summe der künstlerischen Erfahrung Zdeněk Sýkoras.

Es ist in diesem Zusammenhang einer Retrospektive auch unumgänglich, das Gesamtwerk in Augenschein zu nehmen und die einzelnen Werkphasen zueinander in Beziehung zu setzen. Dabei fällt auf, daß zwischen den Arbeiten der 60er und frühen 70er Jahre und den späteren Linienbildern ein fundamentaler Unterschied besteht, der letztlich auf eine Befreiung von allzu einengenden rationalen Vorstellungen und Konditionierungen zurückgeht. Die Zugrundelegung eines statischen Rasters in den frühen Bildern bedingte eine Reduktion der Methodik auf sehr einfache Schritte. Erst die Einführung der Bewegung, der Richtungsvektoren, eröffnete Sýkora den Weg in „das freie Feld“, wie er es einmal in einem anderen Zusammenhang ausgedrückt hat. Es ist dies aber auch die Befreiung von einem rationalen Korsett gewesen, das schließlich zur reinen Reproduktion einer Methode zu werden drohte und damit dem Anspruch des Künstlers diametral zuwiderlief.

Und noch etwas besonders interessant in den Bildern, vor allem der späten 80er und der 90er Jahre: Sie nähern sich in einer spezifischen Art und Weise  Bildvorstellungen wieder an, die sich im „Parallelwerk“ erkennen lassen. Das bedeutet nach meiner Auffassung, daß Sýkora seine Methodik, d.h. die Konditionierung der Zufallselemente, stärker von Bildvorstellungen abhängig macht. Betrachtet man beispielsweise die Bilder mit horizontal angeordneten dicken Linien, so wird eine enorme malerische Steigerung des Ausdrucks bei gleichzeitiger Reduktion der Komplexität offenbar. Die innere Dialektik zwischen dem Einsatz methodischer Mittel und der Komplexität der Partitur scheint in den späten Arbeiten einen höheren Stellenwert zu bekommen, das Werk wird dadurch konzentrierter, die Gewichtung einzelner Bilder wird erhöht. Sýkora erlangt einen höheren Grad an malerischer Freiheit und eine erkennbare Steigerung der Souveränität, mit der er über seine Mittel verfügt. Der Begriff der „Partitur“ bekommt eine neue Qualität, indem der Künstler in ihrer Handhabung zur Herstellung des visuellen Endergebnisses, des Bildes, eine neue Dimension erlangt. Erst in diesem Stadium wird auch vollkommen begreifbar, warum die zahlreichen Versuche, die Kunst von Zdeněk Sýkora auf die Dualität von „System“ und „Methode“ zu reduzieren und sie allein aus der „exakten Ästhetik“ heraus erklären zu wollen, zu letztendlich unbefriedigenden Ergebnissen geführt haben.

Sýkoras Bilder sind nicht anders zu beurteilen und zu rezipieren als – nur um ein extremes Beispiel zu wählen – die von Emil Schumacher. Die Ästhetik dieser Kunst behauptet einen existentiellen Anspruch, ist sich dabei aber der technischen Möglichkeiten unserer Zeit bewußt. Der Prozeß des Machens, der malerischen Realisierung dieser Bilder, unterscheidet sich von dem eines Künstlers der 19. Jahrhunderts, ebenso wie die Bildstrukturen Sýkoras im Kontext der Moderne singulär erscheinen. Ihr ästhetischer Rang indessen ist davon vollkommen unberührt, er läßt sich weder aus dem Einsatz der Methoden ableiten, noch wird er von ihnen legitimiert.

Insofern sind die Bilder von Zdeněk Sýkora dem „reinen“ Kunstgenuß vollkommen offen. Sie bieten aber noch ein wenig mehr, indem sie die Dialektik zwischen der Ganzheit der Existenz und den Konditionen ihrer Realisierung offenlegen; sie können auch so gelesen werden: als Gleichnisse der Moderne und ihrer Widersprüche. Man kann es aber nicht besser ausdrücken, als der Künstler Zdeněk Sýkora es selbst getan hat: „Ich befinde mich auf einem freien Feld, alle Richtungen sind offen, Licht und Wind kommen von allen Seiten.“

Bildentwurf und System – Bedeutung von System und Systematik im Werk von Zdeněk Sýkora

In: Katalog "Zdeněk Sýkora. Retrospektive", Wilhelm-Hack-Museum,
Ludwigshafen 1995

Autor: Hans-Peter Riese, 1995

Thema: Werk