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Linien Nr. 137, 1997
Acryl auf Leinwand, 200 x 200 cm
Dieses Bild zählt, wie beispielsweise die Gemälde Linien Nr. 24 – Das Jüngste Gericht und Linien Nr. 56 – Humberto, zu den bedeutenden Werken, in denen der Künstler gezielt die Erfahrungen aus der vorangegangenen Periode zusammenfasste. Dieser Absicht entsprach in der Regel auch die Größe des gewählten Formats. Schon aus der Partitur war ersichtlich, dass es sich um einen komplizierten Prozess handeln wird. Wir begannen im November 1996 und allein die Bleistiftkonstruktion nahm vier Monate in Anspruch. So konnten im Atelier mehrere Fotos entstehen, auf denen dieses nahezu unsichtbare Spinnennetz den Hintergrund für unsere von Miroslav Kukla aufgenommenen Porträts bildet. Erst im September 1997 wurde das Bild fertiggestellt! Es war also fast ein Jahr anstrengende Arbeit. Kein Wunder, dass kurz danach eine völlig neue Art von Linienbildern entstand – die sogenannten Drei-Strich-Bilder, denn der Meister meinte, nun das Alter für minimalistische Lösungen erreicht zu haben. Wie wir aber wissen, kehrte er diesem Weg schon bald wieder den Rücken und wandte sich erneut maximalistischen Lösungen zu.
Das Gemälde Linien Nr. 137 hing nach seiner Vollendung an einem Ehrenplatz im Atelier, was sein weiteres Schicksal bestimmte. Im Jahr 1999 besuchte uns nämlich der Direktor des Museums Moderner Kunst in Wien, Lóránd Hegyi, um ein Bild für die Ausstellung im neu entstehenden Gebäude des MUMOK auszuwählen, und er war davon überzeugt, dass dieses Bild den Namen Sýkora, für den er sich im Übrigen über viele Jahre hinweg eingesetzt hatte, hervorragend repräsentieren wird. Es war uns eine Ehre, dieses Linien-Bild an eine so prestigeträchtige Sammlung zu verkaufen. Die lange erwartete Eröffnung des neuen Museumsgebäudes fand jedoch am 15. September 2001 (!) statt. Wir freuten uns über den großen Erfolg, denn unseren Linien Nr. 137 begegneten wir nicht nur in der Ausstellung des Museums, sie bildeten auch eine Art Logo für die gesamte Eröffnung – sie befanden sich auf einer großen Plakatwand an der Fassade des Museums, waren auch auf Plakaten in der ganzen Stadt und an der Autobahn, aber auch auf dem Umschlag des neuen Sammlungskatalogs zu sehen. Unter normalen Umständen wäre das ein Triumph für die tschechische Kunst im Ausland gewesen. Die ganze Welt blickte jedoch damals verständlicherweise auf New York …
Bevor sie in die Welt reisten, waren die Linien Nr. 137 bei uns zu Hause bei mehreren wichtigen Ereignissen zugegen: Sie waren Zeugen der Entstehung von Sýkoras erstem bibliophilem Werk, also des Beginns der wunderbaren Zusammenarbeit mit Zdeněk Křenek und Zdeněk Ziegler. Das Bild ist auch auf den ersten Fotos zu sehen, die Jaroslav Brabec, Autor eines Dokumentarfilms über Sýkora als Europäer (2001), bei uns im Atelier aufnahm. Auch viele unserer ausländischen Freunde hatten das Gemälde gesehen, und Galeristen, die nach Louny kamen, bewarben sich darum. Der Öffentlichkeit wurde dieses Linien-Bild in dieser Zeit jedoch nur einmal präsentiert: 1998 in der Galerie im Schloss Litomyšl bei der schönsten Einzelausstellung Zdeněk Sýkoras. Nach Prag gelangte es erst 2009 zum ersten Mal, als es vom MUMOK in Wien für die vom Museum Kampa veranstaltete Ausstellung Linien und Drähte (Linie a dráty) ausgeliehen wurde, deren Autor Hans-Peter Riese war. Die Linien bildeten ein wunderbares Pendant zur Malichs Landschaft mit dem Ewigen (Krajina s věčnem).
Jedes Bild, das unter die internationale Elite gelangt, muss sich seinen Platz erobern – erst neben den großen Namen erweist sich seine Qualität. Das Gemälde Linien Nr. 137 erhielt dazu Gelegenheit und wurde dieser Aufgabe in hervorragender Weise gerecht.