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Linien Nr. 9 – Das Quintett, 1978
Öl auf Leinwand, 170 x 170 cm
Die Geschichte dieses Bildes scheint relativ kurz zu sein, doch der Eindruck täuscht.
„Das Quintett“ wurde am 29. Dezember 1978 vollendet, wie Zdeněk Sýkora in seinem Heft vermerkte. (Er führte seit Mitte der 60er Jahre Arbeitshefte und notierte darin die Partituren zu den Strukturen und Linien, verschiedene Angaben, seine Überlegungen und Pläne, sodass diese Hefte eine überaus wertvolle Informationsquelle sind.) In jenem Jahr kam die niederländische Galeristin Antoinette de Stigter nach Louny (Laun), die Sýkoras Werk gut kannte – sie hatte sich dafür eingesetzt, dass sein Name auf die Liste der sechzehn europäischen Künstler aufgenommen wird, die Werke für das Symposium 1974 in Gorinchem entwarfen. Diesem Umstand ist es zu verdanken, dass die Bewohner dieser kleinen Stadt in Südholland bis heute über einen Gehweg mit einer von Sýkora gestalteten Struktur laufen. Nach Louny kam die Galeristin nun in dem Ansinnen, eine Ausstellung mit Sýkoras Werken zu veranstalten und Linienbilder dafür auszuwählen.
Obwohl im Launer Atelier schon sieben Jahre lang Linienbilder entstanden, wurden sie erst 1979 zum allerersten Mal der Öffentlichkeit präsentiert. So fand ihre Premiere im niederländischen Gorinchem statt. In der Tschechoslowakei hatte nämlich niemand den Mut, Zdeněk Sýkora eine Ausstellung anzubieten. Acht Linienbilder, darunter „Das Quintett“, reisten also gen Westen, der Künstler selbst aber erhielt nicht die Möglichkeit zu reisen.
Die Ausstellung hatte Erfolg – mehrere Bilder fanden schon bald einen neuen Eigentümer. „Das Quintett“ gehörte jedoch nicht zu ihnen und trat so wieder die Rückreise nach Louny an. Leider wurde es beim Transport dauerhaft beschädigt und sein kurzes Leben war damit zu Ende. Aber nicht so ganz.
Der Schweizer Galerist Marc Hostettler hatte den Künstler schon während der Ausstellung gebeten, ein Album mit drei Linien-Serigrafien zu drucken. Einer der Drucke war „Das Quintett“. Die Grafik überlebte also ihre Vorlage, und weil sie in einer relativ hohen Auflage erschien, erfreute sie mehr Bewunderer als es das Bild selbst hätte tun können.
Mehrere Jahrzehnte später spielte die gelbe Linie aus dem „Quintett“, deren zufälliger Verlauf an das Monogramm ZS erinnert, eine wichtige Rolle: Auf Wunsch des Künstlers verwendete sie Zdeněk Ziegler, der von jeher Sýkoras bevorzugter Grafiker war, für den Entwurf eines der zahlreichen Plakate sowie im Buch „ Zdeněk Sýkora – Grafik“. Als wir 2013 eine Linie für den Grabstein aussuchten, hatten wir also leichte Wahl.